Kürzlich waren wir in München auf einer Fortbildung.
Dort haben wir zwei Männer kennen gelernt, die ein gemeinsames Hobby haben: Frauen ansprechen.
Dies war mir bisher explizit als Hobby in dieser Art gänzlich neu.
Aber gut, ich lerne ja immer wieder gerne dazu. Das macht das Leben schließlich bunt und abwechslungsreich und so stelle ich viele neugierige Fragen, um Einblicke zu erhalten.
Ich erfahre, dass es sogar Coaches gibt, die vermitteln, wie man erfolgreich Frauen anspricht und zwar möglichst viele. In meinen Ohren klingt das wie eine Mischung aus Wettkampf und sich beweisen wollen. Der Mann als Jäger und Sammler. Ja, warum nicht. Oder doch nicht?
Bei den zwei Männern ist es so, dass die Frauen am besten so jung wie möglich sein sollten. So war es, dass beide Männer, der eine ist Ende 40, der andere Anfang 50, beide 18 Jahre junge Frauen hatten.
Nun ja, als Trainer und Coach bin ich ja – Gott sei Dank – wertungsfrei. Aber ich muss schon sagen, es beschäftigte mich ehrlich gesagt schon ein wenig.
Es geht hier also nicht darum, zu beurteilen, was richtig oder falsch ist. Wir sind ja schließlich nicht bei der Moralpolizei.
Mir kamen so Fragen wie:
Kann so eine junge Frau einem Mann bei diesem – meiner Meinung nach recht hohen – Altersunterschied wirklich das geben, was er möchte? Will er vielleicht nur Sex? Will sie vielleicht im Gegenzug dafür materiellen Wohlstand oder einen erfahrenen Liebhaber? Was spricht dagegen, wenn einer „nur“ Sex will? Wie passt das alles zusammen? Ich war neugierig …
Wie ist es mit der Kommunikation? Ist der kommunikative Austausch für ihn bereichernd oder ein Kompromiss? Und wie ist es umgekehrt? Sind die beiden jungen Frauen glücklich mit ihrer Situation? Was ist daran verwerflich, dass die jungen Frauen – vermutete ich – die materiellen Vorzüge genießen. Denn ziemlich sicher können diese zwei Männer ihren jungen Frauen mehr bieten als es Gleichaltrige unter „normalen“ Bedingungen können.
Der Endvierziger sagt, er ist total glücklich über den kommunikativen Austausch. Diese jungen Frauen seien sehr reif für ihr Alter. Ich nehme dies hin, frage mich jedoch, wenn ich ehrlich bin, ob es wirklich so ist oder ob er sich etwas vormacht. Er sagt, es halte ihn jung. Ja, das glaube ich ihm sogar. Frage mich jedoch, ob es auf Dauer diese Wirkung behält, wenn wir uns einen jüngeren Partner nehmen oder ob wir das Problem nach Außen verlagern, außerhalb unserer Verantwortung sozusagen.
Der Psychotherapeutin in mir kam der Gedanke an eine mögliche männliche Sinnkrise als darunter liegender Auslöser oder andere Ängste, die vielleicht eine Rolle spielen könnten.
Ihm gefallen nur Frauen, die richtig jung seien. Ab Ende 20 ginge – nach ihm – es bergab mit der Biologie einer Frau und der Zerfall beginne so langsam.
Ich muss schon sagen, es traf mich dann doch ein wenig. Oder vielmehr, ich ließ es zu, dass es mich traf, immerhin bin ich schon 40. Und es stimmt, ich fühle mich nicht mehr wie eine 20 Jährige und sehe auch nicht so aus.
Ich fühlte mich irgendwie schlecht dabei, weil ich mich auf meinen reinen biologischen Wert reduzierte. Da half mir kaum sein Ausspruch, dass wenn seine Freundin von einem jüngeren Mann angesprochen wird und er ihr gefiel, sie mit ihm sexuell aktiv werden kann, ohne, dass er etwas dagegen hat. Er wirkte nicht überzeugend damit, dass es ihm nichts ausmache. Das sei eben so, meinte er, mehr oder weniger lapidar. Aber gut zurück zu mir.
Wie kann es sein, dass mich das traf? Ich bin doch Coach und Trainer und daher sollte ich frei davon sein, dass mich solche Sätze verletzen. Meinte ich.
Es gibt immer innere Baustellen, die wir zu bearbeiten haben. Es ist total normal, dass wir solche Erfahrungen machen. Die Frage ist nur, wie lange möchte ich darin schmoren?
Ein Kommentar meines Mannes brachte mich ziemlich schnell da raus. Er sagte: So eine Frau wie dich, könnte er doch gar nicht halten.
Wow, was für eine Aussage! Das gefiel mir 🙂
Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen. – Es war zwar nicht wertungsfrei und auch nicht unparteiisch. Aber das war er ja auch nicht. Schließlich werten wir alle ja immer. Also für den Moment, weg mit der Wertungsfreiheit. Die Frage ist nur, welche Gefühle beflügeln mich, so dass ich mich nicht länger weniger wertvoll fühlte oder was es auch immer genau war.
Ich war also total inspiriert und begeistert.
Dann kommen mir weitere Gedanken wie z.B.:
- Ja, es ist gut, dass ich so alt bin, wie ich bin, weil ich in der Zeit eine Menge gelernt und erfahren habe, was mich zu dem gemacht hat, wer ich bin.
- Ich habe neben vielen Erfahrungen Weisheit angehäuft und auch, wenn ich vielleicht nicht mehr die jüngste Frau auf dem Markt bin, dafür bin ich nun viel zufriedener und glücklicher als ich es mit 18 Jahren war.
Ich erinnerte mich, dass ich mich doch bei einigen Dingen sehr unsicher fühlte. Das muss jetzt nicht bei jeder 18-Jährigen so sein, bei mir war es eben so. In dem Älterwerden steckt eindeutig die Chance, all das auf die Straße zu bringen, was wir bisher erfahren und gelernt haben. Vorausgesetzt, wir sind willens, immer wieder neu dazu zu lernen und Dinge anders zu machen, um zum Ziel zu kommen.
Mir geht es jetzt so, dass ich wesentlich gelassener bin, irgendwie belebter und das ich auch all das ausstrahle.
Außerdem muss ich dem Hobby-Frauenansprecher ja nicht gefallen, sondern „nur“ meinem Mann. Manchmal vergesse ich das und fühle mich wie ein kleines Mädchen, das anderen gefallen möchte. Das muss ich ja gar nicht! Diese Erkenntnis erleichterte mich immens. Sind doch alle Modemagazine und Medien voller junger Frauen ab 16 Jahren aufwärts oder jünger. Es befreite. Ich muss doch gar nicht mit denen konkurrieren.
Was diese Erkenntnis neu für mich? Natürlich nicht. Ich wusste das schon lange. Trotzdem ist es manchmal so im Leben, dass wir einige emotionale Schichten noch nicht durchschritten haben. Sie wollen einfach neben der mentalen Erkenntnis noch einmal „durchfühlt“ werden.
Dafür ist eine solche Erfahrung ein Geschenk. Etwas, das mich weiterbringt.
Jedes Alter bringt etwas Gutes mit sich. Ich lebe jetzt mein Leben und genieße jedes Alter.
Männer, ihr seid klasse, vor allem mein Mann.
So einen Mann wünsche ich jeder Frau und auch die Erfahrung, dass sie weiß, an die Seite welches Menschen sie gehört.