Teil 4 Ihres Beziehungskurses: Die Haltung in der Beziehung

Ein Kutschenunfall mit Folgen

Es war einmal ein schöner junger Mann, der zog ins weite Land, um die Frau fürs Leben zu finden.

Da traf er in einem kleinen, verschlafenen Städtchen ein bildhübsches, angesehenes und wohlhabendes Fräulein. Sie hatte das schönste Gesicht, das er je gesehen hatte.

Nachdem die beiden einige schöne Wochen miteinander verbracht hatten, war sich der junge Mann sicher: Sie ist reich, sie ist schön, und sie hat dazu noch die schönste Kutsche weit und breit.

“Bessere Gründe, jemanden zu heiraten, wird es wohl nur schwerlich geben”, dachte er bei sich und hielt um ihre Hand an.

Die beiden heirateten und waren glücklich miteinander bis zu dem Zeitpunkt, als sie bei einem Kutschunfall ihre Schönheit, die Kutsche und ihr gesamtes Hab und Gut verlor.

Dann verließ er sie.

Was denken Sie, hatte dieser Mann eine Haltung bzw. Einstellung zu seiner Partnerin, die eine zufriedene und glückliche Beziehung begünstigt?

Nein, natürlich nicht. Deshalb werden wir in Ihrem heutigen Kursteil ein wenig tiefer in die Wirkweisen unserer Haltung im Leben, zu Menschen und zu sich selbst eintauchen.

 

Das Experiment: “Du bist schuld! Ich hasse dich!” oder “Ich liebe dich – du bist einfach toll!”

Wir machen in unserem Beziehungstraining oft eine Übung, die die Konsequenzen zweier Haltungen klar zum Ausdruck bringt. Ein sehr simples Phänomen:

Die Stuhlreihen teilen sich in zwei Hälften. Von der einen Hälfte schicken wir die Männer raus, von der anderen Hälfte die Frauen.

Die verbleibende 1. Hälfte erhält einen Zettel A, die 2. Hälfte einen Zettel B, jeweils mit einer bestimmten Anweisung.
Dann holen wir die Männer der 1. Raumhälfte zurück in den Raum. Die Damen sollen für das Experiment mit ihrem Partner einen kurzen Dialog über ein beziehungsrelevantes Thema führen. Nach 5 Minuten wird der Dialog unterbrochen. Auffallend ist die gereizte und angespannte Atmosphäre.

Im Anschluss wird die 2. Raumhälfte, die Damen, wieder hereingeholt. Dieses Mal sollen nun die Männer für das Experiment mit ihrer Partnerin einen kurzen Dialog über ein beziehungsrelevantes Thema führen. Nach 5 Minuten beenden wir das Experiment der 2. Gruppe. Auffallend ist hier die gute und angenehme Atmosphäre.

Im Anschluss gehen wir in eine Fragerunde und erhalten Rückmeldungen zu den Erfahrungen, die die Paare machten. Vor allem der Unterschied in den Stimmungen wird thematisiert.

In der 1. Runde war bei fast allen Paaren eine äußerst gereizte Stimmung zu verzeichnen. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten, die schnell in weitere Missverständnisse übergesprungen sind und das Potenzial für einen Streit hatten. Die Partner fühlten sich äußerst unwohl und falsch verstanden, waren irritiert und leicht verunsichert.

In der 2. Runde war sehr viel mehr Liebe spürbar. Die Paare unterhielten sich sehr wertschätzend und liebevoll. Es war ein äußerst angenehmer produktiver Austausch und beide Partner fühlten sich sehr wohl.

Dann ließen wir von den beiden Gruppen die Aufgaben aufdecken:

  • Runde 1 hatte die Anweisung: Denken Sie während des Gespräches mit Ihrem Partner bitte unentwegt “Du bist schuld! Ich hasse dich!”
  • Runde 2 hatte die Anweisung: Denken Sie während des Gespräches mit Ihrem Partner bitte unentwegt “Ich liebe dich – du bist einfach toll!”

Warum machen wir diese Übung? Weil sie eine so unglaublich starke Wirkung hat, die kaum zu glauben ist. Und das, obwohl diese Situation auf Anweisung nur gespielt wurde.

Die Haltung zum Partner macht in unserem Alltag einen so großen Unterschied auf das Miteinander, auf das Verständnis, die Wertschätzung und die Empathie füreinander.

 

Hammer, oder!? Hätten Sie gedacht, dass unsere innere Einstellung bzw. Haltung eine so unmittelbare, sichtbare und fühlbare Auswirkung in der Beziehung zu anderen Menschen auslöst?

Wenn Sie jetzt so über die letzten Zeilen nachdenken, was kommt Ihnen da in den Sinn? Was denken Sie grundsätzlich über Ihren Partner?

Sind das eher positive oder negative Bewertungen?

 

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Was hat ein Traumwagen mit Ihrer Traumbeziehung gemeinsam?

Ein Beispiel aus dem Leben: Wenn wir heute eine Reinigungskraft in die Wohnung eines “Messis” schicken, dann sieht die Wohnung nach ein paar Wochen wieder genauso aus wie vorher. Warum? Weil sich die persönliche Haltung des Messis durch das Saubermachen nicht verändert hat.

Das ist auch der Grund, warum 98 % der Lottomillionäre im Durchschnitt nach drei Jahren wieder pleite sind. Ihre persönliche Haltung zu Geld hat sich durch Geld gewinnen nicht verändert.

Wenn Sie also Ihren Traumwagen ihr Eigen nennen wollen, müssen Sie sich finanziell so weit entwickeln, dass Sie sich dieses Glück gönnen können. Also eine persönliche Haltung zu Reichtum entwickeln, die Ihnen einen Traumwagen ermöglicht. Und wenn Sie eine Traumbeziehung haben möchten, müssen Sie sich persönlich so weit entwickeln, dass jeder Partner zu einem Geschenk für den anderen wird und Sie zu recht sagen können: “Ich bin glücklich mit dir!”.

Fiel Ihnen das Wörtchen “mit” auf? Natürlich können wir auch für uns selbst glücklich sein. Aber in Beziehung zu anderen Menschen – besonders in einer Paar-Beziehung – gelingt uns das nur im Miteinander.

Und ja, selbstverständlich erleben wir auch Tage, wo wir mit dem linken Bein aufzustehen scheinen. Und natürlich wird das Einfluss auf die gemeinsame Beziehung haben. Wenn aber Ihr Beziehungskonto am Ende des Tages mehr positive als negative Positionen aufweist, werden Sie mit Stolz sagen: »Alles gut gemacht!«.

 

Welche Auswirkungen und Konsequenzen hat eine “ungünstige” Haltung auf Ihr Liebesleben

Folgende zwei Beispiele verdeutlichen, was wir damit meinen:

A. Schwierigkeiten in der Beziehung

Wenn Sie eine negative Haltung zu ihrem Partner haben, dann sinkt auch rapide die Begeisterung sich für Gemeinsames einzubringen. Denn wenn wir Menschen nicht begeistert sind, machen wir es auch nicht, oder nur sehr widerwillig. Wer kennt nicht den Satz “das begeistert mich jetzt aber überhaupt nicht!”. Dadurch werden eine Menge Chancen und Möglichkeiten, die wir Menschen bzgl. Karriere, Wohlstand und Status hätten, erst gar nicht wahrgenommen. In einer solchen Beziehung fühlt man sich sehr schnell “unter seinen Möglichkeiten” und glaubt mit dem Partner zu verlieren. Denn “ich will es, habe es aber nicht” fühlt sich irgendwie nach einem falschen Leben an.

Sex, Zuwendungen, Nähe, miteinander vorwärts kommen, gemeinsame Ziele verwirklichen, zusammen Spaß haben … all das fühlt sich dann zäh, anstrengend und frustrierend an. Und so “falsch”.

B. Schwierigkeiten, den richtigen / die richtige Partner(in) zu finden

Mit Sicherheit kennen Sie Frauen oder Männer, die Ihnen sagen: “Warum gibt es keine vernünftigen Männer!?” oder “Wieso gerate ich immer nur an einen falschen Partner!?” oder der Klassiker: “Zuerst war alles rosarot und dann beendet er/sie es wieder, ohne wirklich zu sagen warum!”. Frauen und Männer bekommen sehr wohl mit, welche Haltung der Partner ihnen gegenüber hat (siehe das obige Experiment).

Wenn z.B. eine Frau über Männer denkt: “Männer sind unzuverlässige Weicheier!”, dann spürt das ein Mann. Eine Frau, die so über Männer denkt, ist für Männer nicht attraktiv. Warum sollte sich ein Mann mit dieser Frau einlassen, wenn doch bereits vorprogrammiert ist: “Mit dieser Frau kann ich nur verlieren”?

Dasselbe gilt auch für Frauen. Wenn z.B. ein potenzieller Prinz über Frauen denkt: “Frauen sind alle nur gefühlige Ausnutzer”, dann wird eine Frau, die sich anfangs noch für ihn interessiert, das sehr schnell spüren. So ein Mann ist für Frauen nicht attraktiv, und Frauen haben überhaupt keinen Grund, sich auf diese Mannes-Haltung einzulassen. Sie können mit diesem Mann nur verlieren.

C. Schwierigkeiten, die gar nichts mit dem Partner zu tun haben, aber die gemeinsame Beziehung belasten

Ein junges Paar kommt zu uns, weil ihre ständigen Streitereien über Banalitäten sie beide quälen. Sie sind seit einem Jahr verheiratet.

Nachdem wir uns etwas länger unterhalten, wird deutlich: Um die Banalitäten wie die Fragen, wer den Müll rausträgt und was es zum Abendessen gibt, geht es eigentlich gar nicht.

Sie: „Ja, das mit dem Kinderkriegen will bei uns einfach nicht klappen.“

Er: „Wir haben uns schon untersuchen lassen, medizinisch ist alles in Ordnung. Aber irgendwie haben wir noch kein Glück gehabt.“

Wir: „Was würde es denn für Sie bedeuten, eigene Kinder zu haben?“

Sie: „Na ja, ich würde dann wohl zu Hause bleiben müssen. Und meinen Traum mit der Reise in die Antarktis müsste ich auch erst einmal begraben, das kann man den Kleinen ja nicht zumuten. Außerdem wäre meine Schwiegermutter wahrscheinlich jeden zweiten Tag da, um zu sehen, ob ich das auch richtig mache.“

Er: „Ich müsste halt mehr arbeiten, damit das Geld reicht. Und wahrscheinlich könnte ich auch nicht mehr so viel Sport machen wie bisher. Die Kinder brauchen ja auch Zeit.“

Wir: „Oh, das klingt nicht sehr freudig. Warum wollt ihr trotzdem jetzt schon Kinder?“

Er lacht auf: „Wissen Sie, wie oft wir von Freunden gefragt werden, wann es denn jetzt so weit ist? Schließlich seien wir ja schon ein Jahr verheiratet, da würde es doch Zeit.“

Sie schnaubt ebenfalls: „Meine Mutter hält mir jedes neue Baby in der Umgebung unter die Nase mit der Bemerkung: ‚Ach, ich wäre auch so gerne Großmutter.‘ Und meine Patentante raunt mir zu: ‚Es ist aber schon alles in Ordnung bei euch, oder?‘ Ich habe es so satt. Ich bin nur noch gereizt.“

Sie sind sich – jetzt wo sie es ausgesprochen haben – schnell einig: Egal was das Umfeld sagt, sie stellen ihre Versuche, Kinder zu kriegen vorerst ein.

Einige Wochen später bekommen wir von den beiden diese Zeilen: „Liebe Ramls, vielen Dank, dass Sie uns geholfen haben, unseren eigentlichen Konflikt zu finden und zu lösen. Auf einmal sind der Müll und das Abendessen gar kein Problem mehr.“

Wir übernehmen oft Haltungen von außen, die sich dann in der Haltung innerhalb unserer Beziehung und gegen unseren Partner auswirken; sogar auf unseren Körper. Oder halten Sie es für einen Zufall, dass die beiden medizinisch gesunden Körper dieser beiden Klienten genau nach deren wirklicher Absicht funktionierten, nämlich erst mal keine Kinder zu bekommen?

 

Die Mauersteine in Ihrer Beziehung

Wenn ungünstige Auswirkungen, welcher Art auch immer, in unserer Partnerschaft vorherrschen, reagieren wir mit zweierlei Steinen, aus denen wir unsere Schutzmauer errichten: Verteidigungssteine oder Resignationssteine.

In beiden Fällen ist ein Ergebnis dasselbe: Sie bauen sich ein Gefängnis um sich herum auf. Was Sie eigentlich nur davor schützen sollte, (wieder) verletzt zu werden, ist schlussendlich das, was Sie sich als “Gefangener” in der Beziehung fühlen lässt. Genau daraus resultiert Ihr Wunsch nach “Freiheit/Unabhängigkeit”. Ihre mentale Mauer wird zur tatsächlichen Blockade in Ihrer Beziehung. Diese haben Sie zu Ihrem Schutz errichtet (wenn auch unbewusst). Also können auch nur Sie sie wieder einreißen. Nicht Ihr Partner, nicht Ihre Eltern oder sonst wer. NUR SIE.

Wenn Sie also eine «ungünstige» Haltung zu Ihrem Partner / Ihrer Partnerin oder sogar zu Männern / Frauen allgemein in sich tragen, dann wird das Ihr Partner unbewusst mitbekommen. Ihr Partner reagiert nicht gegen Sie, er reagiert unbewusst auf die “Abwertung”, die in Ihrer ungünstigen Haltung liegt. Und umgekehrt verhält es sich bei Ihnen ebenso. Sie drehen sich mit Ihrem Partner im Kreis. Deswegen geht es nie um eine “offene Zahnpastatube” oder Ähnliches.

Unser eigener Verstand gaukelt uns vor: Trenne dich, und deine Mauern und Schmerzen verschwinden. Alleine bist du “besser” dran. Das ist der einzige Weg, wie du aus dem Hamsterrad raus kommst! Das Dumme daran ist, das Gegenteil ist der Fall. Solche Mauern nehmen Sie in die nächste Beziehung mit, wenn Sie diese nicht vorher einreißen. Vielleicht haben Sie ja bereits Mauern aus Ihrem früheren Leben mit in Ihre Beziehung hinein gebracht? Vielleicht büßt Ihr heutiger Partner zum großen Teil für Mauern, die gar nichts mit ihm zu tun haben?

Warum sich also von dem Partner trennen, den Sie in Liebe für sich erwählt haben, wenn mitgenommene Mauern keinen Unterschied mit einem neuen Partner bedeuten? Wie Ghandi schon sagte: “Sei du selbst die Veränderung, die du dir für dein Leben wünscht”. Machen Sie daher Ihre aktuelle Beziehung zu der schönsten Beziehung, die Sie sich vorstellen können und wünschen 🙂 .

 

Übung: Reißen Sie Ihre Mauer ein!

Wie Sie mit Glaubenssätzen verfahren können, kennen Sie bereits aus Teil 2 + 3. Sollten Ihnen aufgrund dieser Zeilen noch weitere Situationen und Glaubenssätze eingefallen sein, lösen Sie diese bitte noch, bevor Sie fortfahren.

1. Wie Sie in eine neue Haltung kommen

Wie Sie aus dem obigen Experiment erkennen, verursachen bereits Gedanken, die nur gespielt sind, eine Reaktion im Gegenüber. Diese kann man entweder als Offenheit oder Abneigung bezeichnen. So eine Macht haben unsere Gedanken auf unsere Beziehung mit anderen Menschen. Also übertragen Sie dieses Experiment auf Ihren Alltag. Spielen Sie damit, und achten Sie darauf, was sich positiv verändert.

  • Wenn Sie mit einem unsympatischen Kollegen zusammen kommen, dann wiederholen Sie im Gedanken z.B.: “Du bist ein wundervoller Mensch, auch wenn ich es nicht immer gleich erkenne”.
  • Wenn Sie im Vertrieb tätig sind, dann wiederholen Sie im Gedanken z.B.: “Ich möchte, dass das jetzt ein ganz tolles Gespräch wird und mein Kunde sich wohlfühlt”.
  • Wenn Sie Ihrem Partner begegnen, dann wiederholen Sie im Gedanken: “Ich liebe dich. Du bist ein wundervolles Geschenk in meinem Leben”.

Zu Beginn wird Ihnen das vielleicht ein wenig “komisch”, also ungewohnt, vorkommen. Aber mit der Zeit werden Sie gar nicht mehr bewusst darauf achten müssen, diese Gedanken auf andere wirken zu lassen. Und so wie wir Menschen unbewusst auf “ungünstige” Haltungen reagieren, reagieren wir auch auf besonders günstige Haltungen 😀 .

2. Wie Sie Ihre neue Haltung im Alltag verankern

Wenn Sie dieses Experiment starten, dann führen Sie am besten gleich von Beginn an für 6 Monate ein Tagebuch.

Notieren Sie sich folgende Eckdaten zu Beginn:

  • Name
  • Was ich mir von jetzt an in Gedanken zu dieser Person sagen werde.

Und dann täglich:

  • Welche 2 Dinge, haben mir heute an dieser Person besonders gut gefallen?
  • Welche positiven Veränderungen habe ich heute in der Beziehung zueinander beobachtet?

Das kostet Sie höchstens zwei Minuten vor dem Schlafengehen. Zwei Minuten, die Ihr Leben auf eine Art verändern werden, die Sie bis heute nicht für möglich gehalten haben 🙂

 

… Fortsetzung folgt …

 

Wie es weiter geht:


Teil 5: Was bewirkt Achtsamkeit im Zusammensein?

 

          Elke & Ralf Raml

Euer Paartrainerpaar für Paare und (noch) Singles
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